Ursachen, rechtliche Hintergründe und ein Praxisfall, der Ärzten viel Geld sparen kann
Die Wahl der richtigen Praxisräume ist für Ärztinnen und Ärzte ein entscheidender Schritt. Neben Lage, Ausstattung und baulichen Voraussetzungen spielt auch die Größe der Praxis eine wesentliche Rolle. Doch oft ist die im Mietvertrag angegebene Fläche deutlich größer als die tatsächlich nutzbare Fläche. Warum kommt es zu solchen Abweichungen? Welche Konsequenzen hat das für Ärzte? Und vor allem: Wie kann man sich davor schützen?
Grundlagen der Flächenberechnung
Die Berechnung von Gewerbeflächen erfolgt nach unterschiedlichen Normen. Die wichtigsten Begriffe sind:
- Nettogrundfläche (NGF): Die tatsächlich nutzbare Fläche ohne Wände, Technikräume oder Flure.
- Bruttogrundfläche (BGF): Die Gesamtfläche inklusive aller Wände, Flure und Technikräume.
- Vermietbare Fläche (VMF): Eine nach DIN 277 berechnete Fläche, die gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Treppenhäuser anteilig auf die Mieter umlegt.
Viele Gewerbemietverträge verwenden die DIN 277 als Grundlage. Diese Norm ist jedoch keine gesetzliche Vorgabe, sondern muss ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden.
Warum weichen die Flächenangaben ab?
Die Differenz zwischen der im Mietvertrag genannten und der tatsächlich nutzbaren Fläche hat verschiedene Ursachen:
- Gemeinschaftsflächen: Vermieter rechnen oft Flächen für Flure, Technikräume oder Sanitäranlagen anteilig auf die Mieter um.
- Abrundungen und Zuschläge: Manche Mietverträge enthalten pauschale Zuschläge oder Mindestgrößen, die die Fläche künstlich vergrößern.
- Unpräzise Angaben in der Planungsphase: Flächenangaben basieren häufig auf Bauplänen, die später nicht exakt mit der Realität übereinstimmen.
- Marketingstrategien: Vermieter optimieren Flächenangaben, um ihre Immobilien attraktiver erscheinen zu lassen.
Praxisfall: Wie eine Prüfung vor Vertragsunterzeichnung einen teuren Fehler verhinderte
Ein niedergelassener Hausarzt suchte neue Praxisräume, um eine moderne Praxis mit drei Sprechzimmern, zwei MFA-Arbeitsbereichen und einem kleinen Labor einzurichten. Im Mietexposé wurde die Fläche mit 200 Quadratmetern angegeben – eine vielversprechende Option.
Dank einer professionellen Vorab-Prüfung konnte jedoch frühzeitig festgestellt werden, dass die tatsächlich nutzbare Fläche nur 129 Quadratmeter betrug.
Das Problem: Fehlende Quadratmeter
- Angabe des Vermieters (200 Quadratmeter, basierend auf BGF): Enthielt Wände, Erschließungsflächen und Technikräume.
- Tatsächliche Nutzfläche (129 Quadratmeter, basierend auf NGF): Effektiv nutzbare Praxisräume.
Die Konsequenzen für den Arzt – oder besser gesagt: die Konsequenzen, die vermieden wurden
Dank der frühzeitigen Analyse konnte der Arzt rechtzeitig Abstand nehmen, bevor wertvolle Ressourcen in Planung und Verhandlungen investiert wurden. Dadurch wurden folgende Probleme vermieden:
- Überhöhte Mietkosten: Die Miete wäre auf Basis von 200 Quadratmetern berechnet worden, obwohl nur 129 Quadratmeter nutzbar waren.
- Teure Umbauten: Anpassungen für Barrierefreiheit oder die Einrichtung der Praxis hätten hohe Zusatzkosten verursacht.
- Langfristige finanzielle Belastung: Auch die Nebenkosten wären auf die überhöhte Flächenangabe berechnet worden.
Rechtliche Hintergründe und Konsequenzen
- Toleranzgrenzen: Laut Bundesgerichtshof sind Abweichungen von bis zu zehn Prozent rechtlich zulässig. Größere Abweichungen gelten als erhebliche Vertragsverletzung.
- Mögliche Mieterrechte: Bei erheblichen Abweichungen kann der Mieter eine Mietminderung oder eine Vertragsanpassung verlangen.
- Langfristige Auswirkungen: Die Miete basiert auf der vermietbaren Fläche, sodass überhöhte Angaben zu hohen Mehrkosten führen.
Was Ärzte beachten sollten
- Berechnungsgrundlage prüfen: Der Mietvertrag sollte klar definieren, ob sich die Flächenangabe auf BGF, NGF oder eine andere Berechnungsart bezieht.
- Sachverständigen hinzuziehen: Eine professionelle Vermessung hilft, Abweichungen frühzeitig zu erkennen.
- Verhandlungsspielraum nutzen: Unklare Flächenangaben oder pauschale Zuschläge können oft noch nachverhandelt werden.
Fazit: Transparenz spart Geld und Nerven
Die Diskrepanz zwischen der angegebenen und der tatsächlich nutzbaren Fläche ist selten eine bewusste Täuschung. Meist handelt es sich um Unterschiede in den Berechnungsmethoden. Trotzdem sollten Ärzte genau hinsehen, bevor sie einen Mietvertrag unterschreiben.
Dank einer professionellen Vorab-Prüfung konnte im Praxisfall ein großer finanzieller Schaden verhindert werden. Eine frühzeitige Klärung der Berechnungsgrundlage, Unterstützung durch Experten und gegebenenfalls Verhandlungen mit dem Vermieter sind entscheidend, um langfristig Kosten zu sparen und eine wirtschaftlich stabile Praxisbasis zu schaffen.
Hinweis
Die hier dargestellten Informationen beruhen auf den Erfahrungswerten des Autors und stellen keine Rechtsberatung dar. Für rechtliche Fragen oder eine individuelle Prüfung eines Mietvertrages wird empfohlen, einen Fachanwalt für Mietrecht oder einen qualifizierten Sachverständigen zu konsultieren.